Der Impact-Check Risiken und Nebenwirkungen von Entscheidungen reflektieren

Der Impact-Check Risiken und Nebenwirkungen von Entscheidungen reflektieren

Inge Baurmann ist Director bei Kienbaum mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung in der Change- und Organisationsberatung. Sie hat einen systemischen Blick auf Veränderungsprozesse und einen pragmatischen Umgang mit den damit einhergehenden Wechselwirkungen, Dynamiken und Konflikten. Sie ist unter anderem zertifizierter systemischer Organisationsberater (Hephaistos) und Projektmanager (IPMA). Kontakt: inge.baurmann(at)kienbaum.de

René Wagener ist ebenfalls Director bei Kienbaum in der Change- und Organisationsberatung. Sein Weg führte vom Führungskräftetrainer für Malik Management über Porsche Consulting als Prozessberater in der Industrie bis zur innogy consulting. Er ist als systemischer Organisationsberater (Hephaistos) und Wirtschaftsmediator zertifiziert. Bevor er in die Beratung einstieg, hat er Jura und Organisationspsychologie studiert. Kontakt: rene.wagener(at)kienbaum.de

Egal ob Strategie- oder Krisen-Tools – es geht immer dar um, in Drucksituationen bessere Entscheidungen treffen zu können. Entscheidungen darüber, was sich ändern oder gleichbleiben soll (Das ist eine oft übersehene Option!), um eine neue Strategie umzusetzen oder eine Krise zu meistern. Krise heißt „Entscheiden in Drucksituationen und dann fahren auf Sicht“. Dabei übersehen „einsame“ Entscheidungen nicht selten, wie sie in der Belegschaft ankommen und welche Auswirkungen sie auf andere Bereiche im Unternehmen haben. Gerade in Krisensituationen verengt sich naturgemäß unser Fokus und es fällt uns schwerer, in Wechselwirkungen zu denken.

„Im linear-kausalen Denken gefangen, werden zielstrebig Maßnahmen definiert ohne sich Gedanken über die Nebenwirkungen zu machen.“ (in Anlehnung an „Die Kunst vernetzt zu denken“ von Frederic Vester)

Genau hier kommt unser Impact Check ins Spiel: eines von mehreren Tools, das wir in der Phase „Sehen & Verstehen“ unseres Change- und Transformations-Konzepts (KWay, siehe Abbildung 1) einsetzen – im Zuge von Workshops oder als Online-Tool.

Warum der Impact Check?


Setzt sich ein Unternehmen beispielsweise das strategische Ziel, mit Hilfe selbstorganisierter Teams stärker kundenzentriert und agiler zu arbeiten, wird die Befähigung der Mitarbeitenden in agilen Methoden vermutlich nicht ausreichen. Bevor jedoch eine Entscheidung zu mehr „Agilisierung“ getroffen wird, wollen wir besser „sehen & verstehen“, worauf sich diese Zielsetzung noch auswirken könnte. Der Impact Check hilft dabei, das pragmatisch abzuschätzen: Was passiert, wenn wir beispielsweise Verantwortung verschieben, um mehr Selbstorganisation in den Teams zu ermöglichen? Welche Auswirkungen hat das auf die Zusammenarbeit? Welche Strukturen und Prozesse müssen wir wie anpassen?

Wir können damit positive oder negative Folgenabschätzung betreiben und herausarbeiten, welche Dimensionen (Strategie, Strukturen & Prozesse, Führung & Führungskräfte usw.) noch angepasst werden müssten, möchte man wie in diesem Beispiel agiler werden. Anders gesagt: Er hilft bei der Wechselwirkungsanalyse. Damit wird die Grundlage geschaffen, Entscheidungen zu gezielten (ressourcenschonenden) Interventionen und Maßnahmen zu treffen.

Positiver Nebeneffekt: Die Haltung der Befragten gegenüber der Veränderung wird sichtbar und somit werden auch Widerstände besprechbar (was wir dann in der Anwendung der Methode sofort tun – siehe Tabelle). 

Wir wenden den Impact Check in Veränderungsprojekten häufig mehrfach an, zum Beispiel auch nach Umsetzungssprints, in denen Lösungen entworfen wurden – dann ist er Teil von „Soundings“ oder „Resonanzgruppen“.

Wie kann man vorgehen?

Suchen Sie sich eine repräsentative Gruppe im Unternehmen und setzen Sie einen oder mehrere vierstündige Termine an. Eine Gruppe sollte aus maximal sieben Teilnehmenden bestehen.


An Material benötigen Sie eine Metaplanwand mit dem Rohgerüst des Impact Checks (Abbildung 2). Die Dimensionen können Sie nach Bedarf anpassen. Achten Sie aber bitte darauf, dass sie einen möglichst ganzheitlichen Blick auf ihr Unternehmen zulassen. Außerdem brauchen Sie Klebepunkte und -zettel, Stifte sowie ggf. Bildkarten.

Agenda-PunktBeschreibungZielsetzung
Check-In mit Bildkarten 10 MinutenJeder Teilnehmende beantwortet folgende Fragen: Wie bin ich heute hier? Welches Bild beschreibt das am besten und warum? Welche Erwartungen habe ich an den Workshop?Alle Teilnehmende können „ankommen“ und sich auf den gemeinsamen Workshop einlassen.
Vorstellung der Agenda und Zielsetzung 5 MinutenModeration beantwortet die Fragen: Wie gehen wir vor und was wollen wir am Ende des Workshops erreicht haben?Jeder kennt das Ziel und den Ablauf des Workshops.
Festlegung Regeln der Zusammenarbeit und Rollen 10 Minuten

Regeln: z.B. Wir lassen einander ausreden und hören aufmerksam zu. Wir verlieren uns nicht in Details. Wir sind bereit die Perspektive zu wechseln.

Rollen: Moderation steuert den Prozess; Teilnehmende sind verantwortlich für einen konstruktiven Austausch; Feedback-Gebender beurteilt am Ende die Effektivität und Effizienz des Workshops.

Die Teilnehmenden erarbeiten gemeinsam Regeln, die die Zusammenarbeit im Workshop leiten und legen Rollen fest.
Zielbild der Veränderung 10 MinutenModeration beantwortet die Fragen: Woran werden es unsere Mitarbeitenden in ihrem Arbeitsalltag merken, dass die Veränderung erfolgreich war? Weiter werden ggf. bereits angedachte Maßnahmen, sowie mögliche Barrieren und Herausforderungen skizziert.Alle Teilnehmenden haben ein gleiches Verständnis darüber, was am Ende des Veränderungsprozesses anders/besser sein soll.
Beurteilung der Auswirkungen auf die unterschiedlichen Dimensionen 30 MinutenDie Teilnehmenden beantworten in Stillarbeit folgende Frage: Wie stark wirkt das Neue auf die Dimensionen auf der x-Achse in die positive oder negative Richtung und warum? Was müssen wir in den Dimensionen ggf. anpassen? Und notieren ihre Antworten auf einem Klebezettel (pro Antwort einer).Das Wissen aller Teilnehmenden über die Zusammenhänge wird genutzt und mögliche Widersprüche und Widerstände werden sichtbar und besprechbar.
Kleben der Punkte 5 MinutenUm gegenseitige Beeinflussung möglichst zu vermeiden, markieren die Teilnehmenden gleichzeitig die Auswirkungen der Veränderung pro Dimension auf der Metaplanwand mit Hilfe eines Klebepunktes.
Pause 10 Minuten
Austausch 70 MinutenPro Dimension erläutern die Teilnehmenden nacheinander, warum sie die Auswirkungen so bewertet haben und kleben ihren jeweiligen Klebezettel zu der Dimension.
Priorisierung 5 MinutenNachdem jeder die Möglichkeit hatte sich zu er-klären, wird mit Punkten ( jeder Teilnehmende erhält fünf Punkte) bewertet, welche Auswirkungen die größte Wirkung im Unternehmen haben könnten.Die gemeinsame Priorisierung hilft im nächsten Schritt bei der Fokussierung auf Weniges und Wesentliches.
Pause 10 Minuten
Ableitung Maßnahmen 60 MinutenGemeinsam werden auf Basis der Priorisierung im letzten Schritt Maßnahmen erarbeitet und Verantwortlichkeiten festgelegt, um mit den Auswirkungen umzugehen.Die Maßnahmen ermöglichen im weiteren Prozess ein ganzheitlicheres Vorgehen und erhöhen somit die Wirksamkeit des Veränderungsprozesses.
Check-Out mit Bildkarten 15 MinutenJeder Teilnehmende beantwortet folgende Fragen: Wie gehe ich heute hier raus? Welches Bild beschreibt das am besten und warum?
Der Feedback-Gebende beantwortet die Frage: Was hat gut funktioniert und was können wir das nächste Mal in der Zusammenarbeit besser machen?
Es findet Lernen mit Blick auf die Zusammenarbeit statt.