Der Geschäftsmodellnavigator Mit Geschäftsmodellinnovationen gestärkt aus der Krise hervorgehen

Der Geschäftsmodellnavigator

Mit Geschäftsmodellinnovationen gestärkt aus der Krise hervorgehen

Georg von der Ropp ist CEO und Verwaltungsrat der BMI Lab AG, einem Spin-off der Universität St. Gallen. Er unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung von innovativen Geschäftsmodellen und dem Aufbau von Innovationsfähigkeiten. Kontakt: georg.ropp(at)bmilab.com

Die COVID-19 Pandemie betrifft jeden von uns privat und geschäftlich. Globale Märkte und optimierte Lieferketten werden in Frage gestellt. Der notwendige Strukturwandel in Kernbereichen wie Automobilindustrie oder Maschinenbau wird beschleunigt. Die Selbstverständlichkeit, mit der wir digital und virtuell zusammenarbeiten, zeigt, dass Veränderungen schnell gehen können, wenn es darauf ankommt. Die Szenarien für die Post-Covid-Zukunft reichen von einem Zerfall der alten Ordnung durch weitere pandemische Krisen in Kombination mit einer weltweiten Rezession bis hin zu einer neuen globalen Dynamik in einer transformierten Wirtschaft. Nur eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor der Pandemie scheint ausgeschlossen zu sein.

Wie kann man mit diesen Unsicherheiten umgehen?

Dafür möchte ich den St. Gallen Business Model NavigatorTM vorstellen. Er ermöglicht, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln oder bestehende Geschäftsmodelle an neue Bedingungen anzupassen.

Grundlage ist die ganzheitliche Betrachtung eines Geschäftsmodells mit dem „magischen Dreieck“: Im Mittelpunkt steht die Kundschaft mit ihren Bedürfnissen. Die „Was“-Dimension beschreibt, welchen Kundennutzen die Produkte und Services stiften. Die „Wie“-Dimension zeigt die Wertschöpfungskette, die Schlüsselpartner und die eingesetzten Technologien. Die verbleibende „Wert“-Dimension erklärt, warum das Geschäft profitabel ist, womit Umsatz erzielt wird und wie die Ertragsmechanik aussieht.

Von einer Geschäftsmodellinnovation sprechen wir dann, wenn mehrere Dimensionen gleichzeitig verändert werden, so dass ein attraktives, neuartiges Geschäft entsteht. Unternehmen differenzieren sich damit über den Kundennutzen und nicht allein über Preise oder neue Funktionen.

Wie kann man vorgehen?

Die Entwicklung solcher Innovationen erfolgt mit dem Business Model Navigator in vier Phasen:

  1. Die „Initiierung“ dient der Analyse des Umfelds und dem Verständnis von Veränderungstreibern. Angesichts der Corona Pandemie werden zum Beispiel Veränderun- gen der Kundenbedürfnisse, Einflüsse auf Partner und Lieferketten oder neue Initiativen wie der Green Deal der EU untersucht.
  2. In der „Ideenfindung“ werden neue Ideen für innovative Geschäftsmodelle entwickelt. Dafür kommen die 55+ Geschäftsmodellmuster des St. Gallen Business Model Navigators zum Einsatz. Ein Forschungsprojekt hat gezeigt, dass mehr als 90 Prozent der Unternehmen, die mit einer Geschäftsmodellinnovation ihre Branche veränderten, Geschäftslogiken nutzten, die bereits von anderen Unternehmen, oft aus anderen Branchen und in anderen Kombinationen, eingesetzt wurden.

    Ein bekanntes Beispiel ist das nach Gillette benannte Muster „Razor and blade“: Ein Basisprodukt, der Rasierer, wird günstig verkauft und mit dem Verbrauchsmaterial, den Klingen, wird der Profit erzielt. Diese Logik nutzte auch HP bei Druckern oder Nestlé mit Nespresso.

    Denken Sie einen Moment an Ihr aktuelles Geschäft: Was würde ein „Razor and blade” Angebot für neue Möglichkeiten eröffnen? Oder „Pay per use“, „Performance-based contracting“ und „Trash-to-cash”? Jedes Muster befeuert die Fantasie und führt zu einer Reihe von neuartigen Ideen, aus denen die attraktivsten ausgewählt werden.
     
  3. In der Phase „Integration“ werden ausgewählte Ideen dokumentiert und auf Konsistenz geprüft. Dazu gehört das stimmige Zusammenspiel der vier Dimensionen: Unterstützt das Bezahlmodell das Wertversprechen, etwa durch Koppelung an den Kundennutzen? Setzen wir auf Wertschöpfungspartner, um unsere Kernkompetenzen konzentriert flexibel zu erweitern? Zudem wird die Konsistenz der Idee mit dem Umfeld geprüft. Dafür sind Gespräche mit Kundinnen, Kunden oder dem Partnerkreis ebenso wichtig, wie der Abgleich mit den identifizierten Veränderungstreibern aus der Phase „Initiierung“.
  4. Sind diese ersten Prüfungen erfolgreich, beginnt die „Implementierung“. Jede Geschäftsmodellinnovation ist durch Ungewissheiten geprägt, da nicht absehbar ist, wie die Kundschaft, der Wettbewerb oder der Partnerkreis darauf reagieren. Diese Ungewissheiten werden Schritt für Schritt durch Testen von kritischen Annahmen anhand geeigneter Experimente reduziert. Sobald das neue Geschäftsmodell ausreichend abgesichert ist, kann der Markteintritt stattfinden.

Warum der St. Gallen Business Model NavigatorTM?

Er ist mein bevorzugtes Tool zum Umgang mit der Corona-Krise, weil er mir eine ganzheitliche Sicht auf mein Geschäft ermöglicht. Er zwingt mich, von der Kundschaft her zu denken und befeuert meine Kreativität bei der Entwicklung neuer Ideen. Nicht zuletzt, weist er den Weg, wie ich systematisch Ungewissheiten reduzieren und das Gelernte agil in die Stärkung meines Geschäfts integrieren kann. Auch dieses Tool gibt keine Garantie für künftigen Geschäftserfolg. Der Business Model Navigator erhöht aber die Erfolgswahrscheinlichkeit und hilft, die Corona beding- ten Veränderungen als Chance zu sehen und diese Chancen aktiv zu nutzen.